«poesie»

GELEGENHEITSDICHTUNG

Kurzer Abriss des Begriffs in meinem Verständnis

Linguistische Rohlinge, sentimentale Buchstabenhalden, verästelte Wege und Zeiten, Orte und Anlässe sowie Wolkenfelder an Gedanken finden mich in den letzten 15 Jahren ,Jederzeit‘ und ,Überall‘ als Gedankenspuren, die mich zum Veräussern drängen. Die Zeilen fallen vom Himmel und zwingen mich, sie innert Minuten aufzuschreiben:


Erosion

Durch die Schlucht wirrer Gedanken

Schwemmen Denkstücke und Wissenskiesel

Ins fruchtbare Land der Fantasie

Erodierte Fundstücke

Ablagerungen und Schichten

Kartiere ich zu meinen Erinnerungen


Gelegenheitsdichtung entsteht aus Augenblicken der Interaktion zwischen Subjekt und Welt. Es sind Brücken- schläge, die einem zufallen, sich veräussern und geteilt sein wollen (vgl. 'Definition 2 & 3' untenstehend).


*Augustinus, Nietzsche und Walser, du und ich, wir beziehen unsere Aussagen letztlich durch die grosse Leere der Welt. Ästhetische Versuche sind ein Lächeln, eine Hoffnung, die alles erträglicher machen durch ihr «Mit-Teilen».


Bild: Hasliberg, Gibel mit Blick Richtung Hochstollen

vgl. Audio zu Gelegenheitsdichtung – DRS 2: ,52-beste-Bücher‘ vom 17.06.2018. Zu Gast war Michael Krüger Schriftsteller und Geschäftsleiter Hanser Verlag

Empfehlung: Hören sie die 5' Stelle ab 34'

Mit Bach & Walser am Frühstückstisch


Unter einem Himmel der nach oben unbestimmte Tiefe hat

Und mir androht alles Wissen zu entreissen

Klärt sich nur: Je mehr ich weiss, desto klarer wird der Mangel


Bodenlosigkeit ist die Triebfeder meines Glaubens  

Und in dieser allgemeinen Trostlosigkeit

Spielt Bach, spricht Walser


Und in der Gewissheit nichts von alledem durchdrungen zu haben

Blicke ich auf meine leere Tasse und erinnere mich des Kaffeedufts

Der sich mit den Klängen vermischt


Und lese meine Zeilen, die zur sonntäglichen Beichte

Eines verwirrten Geistes, einer Armen Seele wird

Und freue mich über die tröstliche Schönheit

das Geschriebene mitzuteilen*


  

20. Mai 2012 - 09:07 Frühstück auf der Südterrasse der Kohliweid.

Das Radio auf DRS 2 eingestellt, höre ich eine Sendung über Bach und Walser.

«Das Wichtigste bei meinen Dingen ist die Partizipation des Betrachters, der erst in Bewegung versetzt» (Jean Tinguely)